Dienstag, 16. Juni 2015

Die kretische Antwort auf Panzanella und Co.: Dakos



Vergesst für einen Moment mal Bruschetta, Panzanella und Co.. Hier kommt die griechische, genauer gesagt, kretische Antwort auf diese bäuerlichen Vorspeisen aus Italien. Die Grundprodukte sind fast identisch: Brot, Tomaten, Kräuter, Olivenöl. Allerdings schmeckt dieses leichte sommerliche Gericht nur authentisch, wenn man das passende Brot, Paximadi, dafür verwendet. Diese Brotkringelchen werden aus Gerste gebacken, sind knochentrocken, dafür aber lange haltbar. Eine große Tüte davon wanderte natürlich in mein Handgepäck, bevor ich wieder einmal von Athen in Richtung Rom startete. Fast alle anderen Zutaten bekomme ich ja vor Ort. Mittelmeerküche halt, mit gutem Olivenöl, aromatischen Tomaten und typischen Kräutern wie Thymian und Oregano. Feta und Kalamata-Oliven habe ich schließlich auch in Rom gefunden, wobei das bei dieser Olivensorte hier gar nicht so einfach ist. Zu groß ist die Auswahl an den heimischen Oliven. In meiner ganz persönlichen Oliven-Hitliste haben aber mittlerweile die Kalamata-Oliven fast die von mir bevorzugten Taggiasche  von Platz 1 geschubst.

Mittelmeerküche - und für viele auch Urlaubsküche. Womit wir beim Thema wären, das uns die liebe Kebo von einem meiner Lieblingsblogs, Kebo Home, im Juni vorgibt. Endlich schaffe ich es in diesem Monat, an dem Jahresevent "Typisch für...", bei dem für jeden Monat unterschiedliche Themen vorgeben werden, teilzunehmen. Was nicht einer gewissen Ironie entbehrt: ausgerechnet beim Urlaubsthema steige ich an Bord.

Urlaub - das ist für uns eine unregelmäßig stattfindende Seltenheit, bei der die Arbeit meines Mannes meist mitreist. Ich habe Winterurlaube erlebt, in denen wir erst nachmittags auf die Piste kamen, da durch ein aktuelles Ereignis, das sich über Tage hinzog, an jedem Vormittag "Hotel-Office" angesagt war. Ich erinnere mit an einen Florida-Aufenthalt, in dem mein Mann jeden Tag italienische Politik verfolgen und darüber schreiben musste. Es ist schon die Regel, dass sich auch in unseren wenigen kurzen Urlauben, die wir zusammen verbringen, das Hotelzimmer binnen kürzester Zeit in ein Büro verwandelt - und ich habe oft Mitleid mit den Zimmermädchen, die sich oft durch Zeitungsstapel durchwühlen müssen. Der Laptop ist sowieso immer im Gepäck, und auch ein Urlaubstag beginnt jeden Morgen nach dem Frühstück mit dem Gang zum Kiosk und dem Kauf mehrerer Zeitungen, die sich dann im Zimmer ansammeln, später durchgearbeitet und um einige herausgerissene Blätter erleichtert werden, die dann die Heimreise mit antreten dürfen. Bei der Abreise stehen wir oft vor dem Problem Übergepäck, denn stets werden auch paar Bücher am Urlaubsort gekauft.
Typisch für unseren Urlaub ist eben ... tja, dass wir eigentlich kaum "richtige" Urlaube haben. Und wenn, dann meist erst gegen Ende des Sommers. Auch gab es Jahre ohne diese, für viele Mitmenschen "schönsten Wochen des Jahres", und es kam vielleicht gerade mal zu einem verlängerten Wochenende. Natürlich hören wir andererseits, dass wir uns ja eigentlich immer in einem Dauerurlaubszustand befinden, da wir ja in Italien leben. Leute, lebt mal ein paar Monate in einer Stadt wir Rom, und dann sprechen wir uns wieder!
Viele können es sich vielleicht nicht vorstellen, aber Urlaubstage werden bei uns auch für Arztbesuche in Deutschland oder bürokratische Dinge, die in der alten Heimat zu regeln sind, geopfert. Und dann gibt es auch noch die Familie, die natürlich auf regelmäßige Besuche hofft. Meine Eltern leben leider nicht mehr, auch habe ich keine Geschwister, so konzentrieren sich dann diese Verwandtenbesuche auf die Familie meines Mannes. Wehe, man reist nicht zu einer Familienfeier an.



Aber manchmal stehlen wir uns einfach die Zeit, reisen an einen schönen Ort, um mal nur zu zweit zu entspannen. Vor fast genau einem Jahr waren wir zum ersten Mal auf der griechischen Insel Kreta, zu einer für uns eher ungewöhnlichen Reisezeit im späten Frühling (ich unterschlage jetzt mal die Anrufe auch in jenem Urlaub, bei denen es hieß: "Lieber Kollege, ich weiß, Sie sind im Urlaub, aber könnten sie nicht...").
Ich denke gerne an die liebenswerten Menschen, die spannenden antiken Orte, das wunderbare Meer und die phantastische Küche der Insel zurück, auch klicke ich mich oft durch Urlaubsfotos, die auf meinem Laptop gespeichert sind. Besonders an trüben Wintertagen kann das stimmungsaufhellend sein - oder auch melancholisch stimmen, je nach dem psychischen Grundzustand.
Gut Essengehen, das gehört für uns, neben kulturellen Aktivitäten, zu einem gelungenen Urlaub auch immer dazu, ist also wirklich typisch für uns. Und was  könnte schöne Erinnerungen an traumhafte Urlaubstage besser wieder hervorkitzeln als eine typische Spezialität aus der Ferne, die man dann zu Hause nachzukochen versucht. Und so sende ich Kebo für ihren Event Richtung Südtirol, einer Region, die ich mit wunderbaren Urlaubstagen (und sehr gutem Essen) verbinde, eine Spezialität der griechischen Inselwelt: Dakos.
Eigentlich braucht man für diesen Salat, hat man ihn einmal gegessen, kein detailliertes Rezept mehr; die mediterrane Küche in ihrer Schlichtheit kennt ja fast, aber auch nur fast, keine Geheimnisse. In einem Kochbuch, das ich vor einem Jahr in Kreta gekauft hatte - Kochbücher kaufen - typisch für unsere Urlaube -, habe ich dennoch neugierig gespickt und ein Rezept für Dakos gefunden. Das Buch heißt "Greek Cookery from the Hellenic Heart", und ist verfasst von dem griechisch-stämmigen Küchenchef George Calombaris.
Wie weit vieles noch authentisch ist bei einem Koch, der zwar selbst griechische Wurzeln hat, aber in Australien geboren ist und auch dort lebt, mag ich jetzt nicht beurteilen. Kochbücher über italienische Küche, deren Autor seine Kompetenz allein durch seinen italienisch klingenden Namen rechtfertigen kann, weil Oma und Opa mal aus dem Süden des Stiefels nach England, Schweden, Deutschland oder sonstwohin in die Welt auswandert waren, blättere ich eher mit skeptischen Augen durch. Das ist wie bei vielen italienischen Restaurants in Deutschlands, die sich - für mich - viel zu weit von der wahren italienischen (Regional-)Küche entfernt haben, zudem allzu süditalienisch geprägt sind und vielfach nur (Küchen-)Klischees bedienen.
George Calombaris hat meiner Meinung nach ein sehr ansprechend aufgemachtes Kochbuch herausgebracht. Erfreulich vor allem ist hier der Verzicht auf allzu viel Folklore, auch wenn die Rezeptkapitel immer wieder durch persönliche Geschichten und alte Familienfotos ergänzt werden.
In sechs Kapiteln, vom Frühstück über Grillspezialitäten und einem Exkurs über zypriotische Küche bis hin zu den Desserts wird die traditionelle Küche Griechenlands vorgestellt.
Und da darf der bäuerliche Brotsalat Dakos nicht fehlen. Verfeinert natürlich, wie sich das für einen Spitzenkoch gehört, die Tomaten und Paprikaschote gehäutet und das Ganze dann mit Sherry-Essig aromatisiert. In Ermangelung letzterem habe ich weiter am Rezept geschraubt: Balsamessig verwendet, etwas Petersilie anstelle des in Roms unauffindbaren Portulaks hinzugefügt, und das griechische Gericht mit allerlei italienischen Zutaten vollendet: so sieht europäische Zusammenarbeit aus!



Zutaten
(für vier Personen)

150 g Dakos (hartes Gerstenbrot), das sind vier Brötchenhälften 
(ersatzweise schwedische Crisprolls)
250 g kleine Strauchtomaten
1 Knoblauchzehe
1 gelbe Paprikaschote
1 rote Zwiebel
2 Tl Kapern
Kalamata-Oliven
ein paar Thymianzweige
etwas glatte Petersilie oder Portulak
Oregano
Olivenöl extra vergine
Balsam- oder Sherry-Essig
100 g Feta
Salz, frisch gemahlener Pfeffer




Dakos in etwas Wasser einweichen oder damit beträufeln. Mit der halbierten Knoblauchzehe abreiben, etwas Salz und Oregano darüberstreuen und mit wenig Olivenöl begießen.
Die Tomaten einritzen, mit kochendem Wasser übergießen, abschrecken, häuten und kleinschneiden. Die Tomatenstücke auf den Dakos verteilen, salzen, pfeffern und mit Oregano würzen. Nochmals mit Olivenöl beträufeln und etwas stehenlassen, damit die Tomaten und Aromen in das Brot dringen können.
Die Paprikaschote vierteln und die Viertel unter dem Backofen so lange grillen, bis sie anfangen, schwarze Blasen zu werfen. Aus dem Backofen nehmen und die Schoten zehn Minuten mit einem feuchten Küchenhandtuch bedecken. Dann die Haut abziehen.
Die Dakos mit Paprikavierteln, in Streifen geschnittenen Zwiebeln, Kapern, Oliven und etwas Thymian sowie Petersilie belegen. Mit Olivenöl und etwas Balsamessig begießen und den Feta darüber bröseln.



Kochbuchtipp: George Calombaris, Greek Cookery, New Holland Publishers (Australia), 2009












♥♥♥
Un abbraccio
Ariane
"

8 Kommentare:

  1. Liebe Ariane,
    was für ein schöner Post, herzlichen Dank dafür und für die Dakos, ein Gericht nach meinem Geschmack, einfach, mit ehrlichen guten Grundprodukten und von Dir so wunderschön auf dem Teller angerichtet. Und ich danke Dir auch für den Buchtipp, habe ich doch noch gar kein griechisches Kochbuch fällt mir gerade auf ;-)
    Tanti cari saluti,
    Kebo

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    1. Liebe Kebo,
      einfache, ehrliche Küche ist immer auch nach meinem Geschmack. Und wenn Dir mein Post gefällt, so freut mich das natürlich ganz besonders - er ist ja Dir und Deinem schönen Event gewidmet!
      Ich hoffe sehr, dass ich Zeit finde, bei all den kommenden schönen Themen teilzunehmen! Da hätte ich nämlich schon so eine Idee für den Juli....:-)
      Saluti
      Ariane

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  2. Hmmmhhhhh ich liebe Ntakos! Eigentlich hiesst das auf Kreta Koukouvagia, aber in den meisten Speissekarten heisst es Ntakos :-) Auch ich habe hier vergeblich nach Paximadi gesucht und nicht gefunden, darum mach ich mir mein Paximadi immer selbst, denn so ein feines Gericht ist jetzt zur Sommerzeit immer willkommen. Deine Variante sieht sehr lecker aus. Die muss ich mal ausprobieren :-) Dein Kochbuch hört sich auch sehr interessant an. Aber ich bin da wie du auch skeptisch mit solch Büchern, zumal ich alle griechischen Rezepte aus erster Hand von meiner Mutter bekomme.
    Herzliche Grüsse an dich.
    Nica

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    1. Liebe Nica,
      toll, wenn Du das Brot selbst bäckst! Ich habe schon überlegt, wo ich in Rom ein ähnliches Brot finden kann, aber ich bin ja auch öfters in Athen, und so bringe ich mir Spezialitäten mit :-) Ich habe mich einfach in die griechische Küche verliebt und entdecke immer wieder Neues, aber wie Du siehst, bin ich da noch absoluter Neuling. Dann grüße mir auch ganz lieb Deine Mama! :-)
      Saluti
      Ariane

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  3. Ach Ariane, wo soll ich denn hier in der tiefsten Provinz der Marken dieses Brot herbekommen??? Und nur für diesen Zweck ein solches zu backen, erscheint mir etwas übertrieben. Ich werde also als Ersatz notgedrungen ein hiesiges Brot nehmen müssen, kann mir aber vorstellen, dass das sicher fast genauso gut schmecken wird. Nicht komplett identisch, aber was soll's, wir sind ja flexibel...

    Deine Story habe ich wie immer mit großem Vergnügen gelesen und da ich ja letzte Woche Rom nach 45 Jahren wieder einmal besucht habe (und Italien außerdem seit vielen Jahren täglich selber hautnah erleben darf), kann ich Deinen Einwand wegen des von vielen deutschen Freunden/Verwandten vermuteten "Dauerurlaubs" durchaus nachvollziehen. Man muss eben vieles mit eigenen Augen gesehen haben, um Verständnis dafür aufzubringen!

    In diesem Sinne recht herzlichen Dank e ti mando un abbraccio affettuoso
    Elvira

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    1. Liebe Elvira,
      auch ich hattte mir ja das Brot aus Athen mitgebracht. Aber da es mit den sogenannten Friselle eine ähnliche Spezialität in Apulien gibt, könntest Du dieses Brot verwenden. Die Ähnlichkeit von
      Friselle und Dakos ist wirklich frappierend!
      Saluti
      Ariane

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  4. Liebe Ariane!
    Bin schon lange auf deiner Seite unterwegs und ganz begeistert. Jetzt traue ich mich mal an Pastateig und hätte gleich eine Frage an dich: Kann man den auf Vorrat machen bzw. wie lange im Kühlschrank lagern? Wie lange im Voraus kann ich die Ravioli mit Ruccolapesto für Gäste vorbereiten?
    Danke dir jetzt schon für die Antwort und sende liebe Grüße aus Tirol!
    Marlene

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    1. Liebe Marlene,
      freut mich, wenn Du gerne bei mir unterwegs bist! :-)
      Pastateig kannst Du wunderbar schon am Vortag zubereiten, diesen dann in Folie wickeln und am besten noch in eine abschließbare Schüssel legen. Im Kühlschrank aufbewahren.
      Ravioli bereite ich, wenn ich Gäste habe, meist schon einige Tage vorher zu und friere sie dann roh (!) ein.
      Dann werden sie in gefrorenem Zustand in das kochende Salzwasser geworfen; sie brauchen dann etwa drei bis vier Minuten gar.
      Weitere Tipps und Tricks findest Du hier:
      http://tradolceedamaro.blogspot.it/2012/02/pasta-mein-grundrezept.html
      Ich hoffe, dass hilft Dir erstmal weiter! :-)
      Saluti
      Ariane

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